Fast 100 Jahre ist es her, dass der erste Patient mit Insulin behandelt wurde. Seit fast 100 Jahren – seit dem Jahr 1923 – gibt es Insuline „made in Frankfurt“. In Frankfurt am Main werden die Insuline von Sanofi produziert. Die Produktion der verschiedenen Insuline von Sanofi erfolgt seit der Jahrtausendwende ausschließlich biotechnologisch. Ausgehend von gentechnisch modifizierten E. coli Bakterien entstehen in einem aufwändigen, aus etwa 130 Einzelschritten bestehenden biotechnologischen Prozess Humaninsulin, Insulin glargin, Insulin glulisin, Insulin aspart und Insulin lispro. Dabei stellen die Bakterien erst eine Vorstufe von Insulin her, aus der  – richtig dreidimensional gefaltet und damit physiologisch wirksam  – der Wirkstoff wird. Für jeden Einzelschritt kommt es auf das richtige Zusammenspiel an, damit am Ende ein hochreines Produkt entsteht.

Im Jahr 2019 wurden 378 Millionen Insulinpens auf den modernen Fertigungslinien in Frankfurt-Höchst hergestellt und insgesamt 612 Millionen Insulinpatronen/Durchstechflaschen zur Injektion und Infusion. Über 1,3 Millionen Menschen mit Diabetes in Deutschland vertrauen den Sanofi-Produkten. In die Hochtechnologie zur Herstellung dieser Produkte am Standort Frankfurt wird ständig investiert. Von der Forschung über Entwicklung, Produktion und Fertigung bis hin zur Produktion der Devices und dem Vertrieb ist die komplette Wertschöpfungskette der Sanofi-Insuline in Deutschland zu finden. Im Interview: Prof. Dr. med. W. Dieter Paar, Arzt für Innere Medizin, Direktor Medizin, Sanofi.

„Innovationen sind heute mehr als Medikamente.”

Prof. Dr. med. W. Dieter Paar, Arzt für Innere Medizin, Direktor Medizin, Sanofi

Welcher war aus Ihrer Sicht der wichtigste Beitrag Ihres Unternehmens zur heutigen Insulintherapie für Menschen mit Diabetes?

Am 31. Oktober 1923 hat Sanofi (Vorgängerunternehmen Hoechst) Insulin ­Hoechst® als Medikament auf den Markt gebracht und war seitdem führend in der Entwicklung von Insulinbehandlungen. Im Jahr 1936 gelang es Hoechst als erstem Insulinproduzenten, seine gesamte Produktion auf kristallines Insulin umzustellen, womit eine bessere Reinigung des Insulins erreicht wurde, verbunden mit einer Verbesserung der lokalen Verträglichkeit.

Welche war aus Ihrer Sicht die wichtigste Weiterentwicklung des Insulins?

Die in den 1970er-Jahren von Hoechst mit Nachdruck betriebene Entwicklung innovativer Synthesemethoden für das Humaninsulin ließ unter anderem eine neue Methode zur Herstellung körpereigener Stoffe interessant werden: die Gentechnologie. Im Juli 1994 erhielt Hoechst die Genehmigung für den Betrieb der biotechnischen Produktion von Humaninsulin. Im Jahr 2000 hat die Einführung des langwirksamen Insulinanalogons Insulin glargin 100 (Lantus®) die basale Insulintherapie nahezu revolutioniert und den Standard gesetzt und im Jahr 2015 mit der Einführung von Toujeo® weitere Vorteile erreicht.

Welche Innovationen sind notwendig, damit die Insulintherapie auch zukünftig das Leben der Menschen mit Diabetes verbessert?

Innovationen sind heute mehr als Medikamente, sie sollen die Therapie zukünftig viel mehr individualisieren. Dazu werden wir auch zukünftig interventionelle sowie nicht interventionelle Studien mit unseren Insulinen durchführen. Außerdem halten wir es für sehr wichtig, Therapieverläufe mit modernen wissenschaftlichen Analysemethoden auszuwerten und zu publizieren, mit dem Ziel, neue Real World Evidence in der Diabetesbehandlung zu gewinnen. Weitere Forschung wird Sanofi auch mit Blick auf die immunologischen Ursachen des Typ-1-Diabetes initiieren. Gleichzeitig bereiten wir uns auf unseren nächsten Zyklus mit einer Auswahl innovativer Lösungen für Patienten vor. Wir arbeiten gemeinsam mit Partnern an Lösungen, die das individuelle Blutzuckermanagement in den Mittelpunkt eines vernetzten Ökosystems stellen, um den Datenzugriff für Patienten und ihre medizinischen Betreuer/Teams in Zukunft zu verbessern.

Werden von Ärzten und Patienten Wünsche an Ihr Unternehmen herangetragen, welche Formulierungen oder andere Innovationen es im Insulinbereich noch geben sollte?

Alle Beteiligten wünschen sich, dass Menschen mit Diabetes gut leben und ihre Erkrankung einfach und bequem, ohne Angst und emotionale Belastung bewältigen können. Es geht darum, Menschen, die mit Diabetes leben, zu befähigen, ihre Therapieziele zu erreichen und das Diabetes-Selbstmanagement weiter zu verbessern  – einen Mehrwert für alle Beteiligten zu schaffen, indem wir uns für individualisierte Versorgungslösungen einsetzen. Dies gilt natürlich auch für die Angehörigen, denken Sie an die Eltern von Kindern mit Dia­betes. Dabei sollen Schulungsprogramme für Patienten wie bot leben dazu beitragen, dass ein einfacher und sicherer Einstieg in die Insulintherapie möglich ist. Es sollen dabei schnellstmöglich jene praktischen Grundfertigkeiten vermittelt werden, die notwendig sind, die Insulintherapie selbstständig und sicher umzusetzen und den Diabetes Tag für Tag besser zu managen.

Sie engagieren sich seit 2005 mit „Wissen, was bei Diabetes zählt: Gesünder unter 7 Plus“ in der Diabetes-Aufklärung  – warum?

Diabetes ist eine weltweite Epidemie, die schneller wächst, als die Gesundheitssysteme mithalten können  – mehr als 463 Millionen Menschen weltweit leben täglich mit Diabetes. In Deutschland sind es ungefähr sieben Millionen und trotz innovativer Behandlungsoptionen erreicht etwa die Hälfte von ihnen das gesetzte Therapieziel nicht. Dies unterstreicht die Bedeutung der Aufklärungsaktion „Wissen, was bei Diabetes zählt: Gesünder unter 7 Plus“, die 2021 digital fortgeführt wird. Die bundesweite, nachhaltige Aufklärung über die Volkskrankheit Diabetes steht für mehr als 750.000 Besucher an 56 Standorten und mehr als 35.000 ausgewertete Risiko-Checks liefern fundierte Daten.

Firmenname: Sanofi S.A., Hauptsitz: Paris, Frankreich, Deutsche Niederlassung: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Sitz in Frankfurt/Main

Quelle: „Kirchheim-Verlag, Sonderheft 100 Jahre Insulin“, Fotos: Sanofi